Templum. Wolfgang Herzer - Wilhelm Koch
Städtische Galerie Cordonhaus Cham
10. November 2013 – 6. Januar 2014
Das Cordonhaus präsentiert mit Koch und Herzer, die jeweils einen der zwei großen Ausstellungsräume installativ bespielen, zwei künstlerische Positionen, die einen stark konzeptionellen Kern haben. Bei Wilhelm Koch geht es um konkrete baugeschichtliche Tempel-Wirklichkeit, bei Wolfgang Herzer um subjektiv heilige Erinnerungs-Inseln im Meer neuronaler „Aufbau-Umbau-Abbau-Prozesse“.
Koch ist als Vertreter einer Mischung von Public-Art, Nouveau Realisme und Fluxus bekannt, sein wesentliches bildnerisches Medium ist Luft, sein wesentlicher thematischer Schwerpunkt die Architektur. Seit mehr als zehn Jahren hält er eine Initiative zum Bau einer Art Walhalla-Nachfolge-Tempels in Etzdorf an den Autobahn Prag-Nürnberg in Gang, darüber ist in Cham eine Dokumentation zu sehen, die dem 2010 gegründeten Etsdorfer Tempel-Museum entstammt.
Der Tempel soll mitten in der grünen oberpfälzer Hügellandschaft stehen, stilistisch orientiert er sich am 490 v. Chr., im Jahr des Marathon-Sieges errichteten Aphaia-Tempel auf der Insel Ägina. Dieses architektonische Schmuckstück war der Vorläufer-Bau des Parthenon, der mit seiner berühmten Silhouette im 19. und 20. Jahrhundert zum Sinnbild europäischer Demokratie und humanistischen Bildungswesens wurde. Die Version, die Koch konzipiert hat, ist eine auf das Silhouettenhafte reduzierte Beton-Fertig-Bau-Replik, in der über den weltanschaulichen Effizienzismus der heutigen Denkkultur und Lebens-Einstellung reflektiert werden kann.
Mit Herzer stellt sich eine eigenwillige Position konzeptioneller Zeichenkunst vor, die nachhaltig wirkende Erinnerungsbilder aus der Biographie des Künstlers zu einer ganz persönlich-intimen Walhalla zusammenstellt.
Seit 1999 sind es 21 seelische Ereignis-Orte des heute 65-Jährigen, die dem Vergessen in ungezählten Bildern der Wieder-Erinnerung standgehalten haben und mittels einer Zeichenschablone als „Schlüsselbilder (m) eines Lebens“ visualisiert werden konnten; die Zeichenschablone, die das Erinnerungs-Urbild in ein ikonenhaftes Regel-Schema transformiert und damit endlos wiederholbare Original-Reproduktionen ermöglicht, entspricht der Form eines handelsüblichen Hammer. Als Zimmermanns-Werkzeug symbolisiert der Hammer nach dem Pars-Pro-Toto-Prinzip das Lebenshaus mit seinen vielen Schlüsseln, darüber hinaus aber ist es seine besondere ikonologische Eigenheit, dass in seiner Umrisslinie der Grundriss der Basilika, des spätantiken, christlichen „Templums“, aufscheint.
Mit Koch und Herzer stellt das Cordonhaus Cham, das seit 1982 eine der Zentralen des überregional orientierten Oberpfälzer Ausstellungswesens für Gegenwartskunst ist, aber nicht nur zwei Künstler aus, die die Auseinandersetzung mit dem „Pneumatisch-Seelenhaften“ und seinen individuellen und kollektiven Gehäusen verbindet. Mit Koch und Herzer treten auch zwei Pioniere des Oberpfälzer Kunstraumes auf, die im Rahmen von dessen struktureller Entwicklung Maßstäbe gesetzt haben. Mit dem Aufbau der Kulturkooperative Oberpfalz KoOpf 1999 - deren Gründung und Betrieb im Wesentlichen auf Herzer und Koch zurückgeht - und mit Kochs Amberger Luftmuseum und Herzers mitbegründetem Kunstverein Weiden hat der Kunstraum Oberpfalz wichtige Säulen erhalten.
Ausstellungsdauer: 10. November 2013 – 6. Januar 2014
Wolfgang Herzer
geboren 1948 in Lübeck 1972-77 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München; seitdem Ausstellungen und Kunstaktionen; Gründer des Kunstvereins Weiden und der KoOpf (Kulturkooperative Oberpfalz); Kulturpreis Bayern.
Wilhelm Koch
geboren 1960 in Etsdorf/Opf. 1986-89 Akademie der Bildenden Künste München
1989-91 Städelschule Frankfurt, Meisterschüler 2006 Gründung des Luftmuseums Amberg, zahlreiche Ausstellungen, Installationen und Aktionen im öffentlichen Raum; Kulturpreis des Bezirks Oberpfalz; Kulturpreis Bayern